Schreiben Sie Angebote, die Ihre Kunden überzeugen


16. September 2014, Stephan Brunnet, CEO der softwareinmotion gmbh

Schreiben Sie Angebote, die Ihre Kunden überzeugen


16. September 2014, Stephan Brunnet, CEO der softwareinmotion gmbh

Die Chance auf einen guten ersten Eindruck gibt es nur ein Mal - wie bei persönlichen Begegnungen gilt dies auch für schriftliche Angebote für Ihre Kunden.

Aufwandseinschätzung für Angebote

Das A und O: ein schlüssiges Konzept

Mit unserem Angebot wollen wir den Kunden von unserer Leistung überzeugen, damit er uns den entsprechenden Auftrag erteilt. Aus unserer Erfahrung wissen wir, was auch die Analysten von Gartner1 bestätigen: Sie müssen mit einem in sich schlüssigen Konzept überzeugen. Aber wie sieht ein schlüssiges Konzept aus und was ist dafür notwendig?

Ein gutes Angebot besteht aus einer guten inhaltlichen Aufbereitung der Kundenwünsche mit Aussagen zu Terminen, Aufwand und Preis. In diesem Artikel werden wir auf die Themen Aufwandschätzung, Preisfindung und Grobplanung eingehen. Diese Punkte sind entscheidend für den späteren Projekterfolg und genau darum geht es in dieser Artikelreihe: um das erfolgreiche Managen von Projekten. In einem guten Angebotsprozess sind weitere Prozesse und Methoden verankert, die auf die Qualitätssicherung und das Risikomanagement abzielen. Auf diese Themen werden wir in späteren Artikeln dieser Serie eingehen.

Aufwandsschätzung

Das zentrale Thema in jedem Angebot ist die Aufwandsschätzung, da sie die Basis für den weiteren Projekterfolg bildet. Ziel einer jeden Aufwandsschätzung ist die realistische Bestimmung der Aufwände unter Berücksichtigung aller projektspezifischen Gegebenheiten und Informationen. Wichtig ist hier, dass es sich um eine ehrliche und nicht durch andere Faktoren beeinflusste Schätzung handelt. Die Aufwandsschätzung schafft das Fundament für die Preisfindung und darüberhinaus auch die Grobplanung für unseren Kunden. Damit bestimmt die Aufwandschätzung direkt den Erfolgsfaktor unseres Angebots.

Die Erfolgsfaktoren für eine gute Schätzung sind unabhängig vom gewählten Verfahren immer gleich:

  • Alle Anforderungen müssen dokumentiert sein. Leider ist dies in den meisten Fällen sehr unwahrscheinlich, deshalb müssen entsprechende Annahmen getroffen und dokumentiert werden. Sollte auch dies nicht möglich sein sollten entsprechende Prämissen definiert werden.
  • Die vorherrschenden Rahmenbedingungen müssen berücksichtigt werden, z.B. Prozess- und Entwicklungsvorgaben, Ausführungsort, etc.
  • Projektquerschnitts- und Nebenleistungen sind mit realistischen Annahmen hinterlegt, z.B. Offshore, Nearshore, Teamaufbau, verteilte Teams, etc.
  • Die Schätzung wurde durch ein erfahrenes Team vorbereitet und durchgeführt.

Vor allem der erste Punkt ist die Achillesferse eines jeden Angebots. Leider kann dieser nur sehr schwer bis kaum zufriedenstellend durchgeführt werden. Unsere Empfehlung ist es, einen Teil der Spezifikation als Anforderungsanalyse herauszuziehen. Ziel der Anforderungsanalyse ist, das Risiko zu minimieren, um nach dieser Phase die Aufwände präziser abschätzen zu können. Natürlich muss das Angebot zusätzlich zur Anforderungsanalyse alle anderen Themen beinhalten. Jedoch mit dem Hinweis, dass die Aufwände nach der Analysephase nochmals neu bewertet werden müssen.

Variability in the Estimate of Project Scope

Quelle: McConnell, Software Estimation2

Leider ist dieses Vorgehen in der Praxis nur bei wenigen Kunden durchführbar. Eine weitere Möglichkeit bietet hier die inkrementelle Entwicklung. Es werden immer nur kleine Teile Schritt für Schritt geschätzt und umgesetzt. Hierfür ist sehr viel Disziplin notwendig und der Fachbereich des Kunden muss kontinuierlich zur Verfügung stehen. In einem der nächsten Artikel werden wir die einzelnen Vorgehensweisen vorstellen.

In vielen Fällen können beide Empfehlungen nicht ergriffen werden. Wenn Sie nur eine der folgenden Fragen mit „Nein“ beantworten müssen, sollten Sie das Projekt nicht annehmen.

  1. Lohnt sich das Risiko?
  2. Ist das Projekt strategisch wichtig, um weitere lukrative Projekte zu erhalten?
  3. Können wir den Zeitplan einhalten auch wenn sich die Aufwände deutlich erhöhen?

Schätzverfahren

Für eine schnelle und effektive Schätzung ist es sinnvoll für die Aufwandsschätzung auf bewährte Verfahren zurückzugreifen. Die einzelnen Verfahren verfolgen eine der zwei Strategien:

  1. Top-Down – Hier wird zuerst der Gesamtaufwand für das Projekt bestimmt und anschließend nach unten auf die einzelnen Komponenten oder Funktionen aufgeteilt. Top-Down Schätzungen sind nicht sehr genau und gehen nicht auf Projektspezifika ein. Meist werden diese Verfahren zur Kostenplausibilisierung eingesetzt.
  2. Bottom-Up – Hier wird das Projekt so detailiert wie möglich in seine Einzelteile zerlegt und geschätzt. In den meisten Fällen wird mit Stücklisten gearbeitet. Diese Stücklisten beinhalten alle Aufwandspositionen, Arbeitsergebnisse, Querschnittsaufgaben und Nebenaufwände.

Die im Folgenden kurz beschriebenen Schätzverfahren verwenden entweder die Top-Down oder die Bottom-Up Strategie:

  • Expertenschätzung (Bottom-Up)
    • Schätzklausur
    • Delphi-Methode
    • Statistische Methode
  • Algorithmische Methoden (Top-Down)
    • Function-Point-Methode
    • Use-Case-Point-Methode
    • COCOMO-II-Methode
  • Analogieschätzung (Top-Down)
  • Kennzahlenmethode (Mischform aus Top-Down und Bottom-Up)

Bei uns hat sich die Expertenschätzung in Form einer Schätzklausur bewährt und wir verwenden fast ausschließlich diese Methode für unsere Angebotskalkulation. Egal welche dieser Verfahren Sie für Ihre Aufwandschätzung nutzen, prüfen und dokumentieren Sie dies. Darüber hinaus sollten Sie kontinuierlich Ihren Aufwand erfassen und bewerten. Ein gutes Projektcontrolling ermöglicht Ihnen die Genauigkeit Ihrer Schätzungen stets weiter zu verfeinern. Zur Projektsteuerung eigenen sich verschiedene Tools, wir setzten hier auf CheroKey für Aufwandserfassung und Projektsteuerung.

Planung

Ausgangspunkt für die Planung ist die Aufwandsschätzung. Aus ihr leiten wir die Grobplanung für unseren Mitarbeiterbedarf und den Meilensteinplan ab. Meilensteine werden in das Angebot übernommen und sind im Nachhinein nur schwer zu korrigieren.

Für unsere Mitarbeitergrobplanung benötigen wir zuerst die Verfügbarkeit unserer Mitarbeiter. Anschließend sollten wir uns noch mit den folgenden Fragen beschäftigen.

  1. Wie sieht die optimale Projektlaufzeit aus?
  2. Wie groß sollte mein Team sein?

Einen guten Anhaltspunkt für die optimale Teamgröße gibt [Frederick P. Brooks](http://www.cs.unc.edu/~brooks/) mit seiner Faustformel:

Optimale Teamgröße

Haben wir die grundsätzliche Verfügbarkeit geklärt, können wir uns mit der Planung beschäftigen. Eine realistische Planung sollte immer davon ausgehen, dass ein Mitarbeiter im Projekt nicht jeden Tag zu 100% zur Verfügung steht. Die Verfügbarkeit wird eingeschränkt durch Urlaub, Krankheit und nicht im Sinne des Projekts produktiver Arbeit, wie z.B. Abteilungsbesprechungen, Mitarbeitergespräche, Weiterbildung, etc.

Bei uns gilt: Ein Kalendermonat entspricht 0,8 Personenmonaten.

Nachdem wir die optimale Teamgröße festgelegt haben, können wir den Projektablauf auf Basis der geschätzte Projektlaufzeit und Teamgröße skizzieren. Als gutes Hilfsmittel eignet sich die visuelle Darstellung der Aufwände anhand einer Zeitachse als Mitarbeitergebirge. Mit diesem Hilfsmittel kann die Schätzung nochmals verifiziert werden.

Mitarbeitergebirge als Grafik

Beispiel für ein Mitarbeitergebirge

Eine gute Planung gibt Antworten auf folgenden Fragen:

  • ? Warum – Projektziel und Motivation
  • ? Was – Aufgaben und Arbeitspakete
  • ? Wann – Termine und Meilensteine
  • ? Wer – Mitarbeiter und Verantwortlichkeiten
  • ? Womit – Notwendige Mittel, z.B. Geld, Software, Hardware
  • ? Wie – Prozesse, Methoden und Vorgehen
  • ? Wo – Ort der Leistungserbringung, Reisekosten

Mythos Mann-Monat3

Bei unserer Planung sollten wir uns immer im klaren sein, dass wir nicht beliebig viele Mitarbeiter mit ein und derselben Aufgabe betreuen können. Fred Brooks beschreibt das in seinem Buch Software-Engineering sehr gut: „Der Mann-Monat als Maßstab für den Umfang des Arbeitsaufwandes ist ein gefährlicher und irreführender Mythos. Der Begriff will uns glauben machen, Bearbeiter und Monate seien austauschbare Faktoren.“ Leider sind Aufgaben nur schwer aufzuteilen. Oft bauen die einzelnen Teilaufgaben aufeinander auf und benötigen sehr viel Informationsaustausch. Bestimme Aufgaben können nicht unterteilt werden und müssen in einer bestimmten Reihenfolge bearbeitet werden.

Preisfindung

Die gesamte Vorarbeit haben wir nun erledigt, jetzt fehlt nur noch der Preis. Aus unserer Planung und dem Mitarbeitergebirge können wir nun mit Hilfe unserer Skill-Levels je Mitarbeiter den jeweiligen Stundensatz bestimmen und so den Planpreis ermitteln. Der kalkulierte Stundensatz sollte alle Kosten (Vollkostenrechnung) und die eigene Gewinnmarge enthalten.

Haben wir den Preis mittels unseres Stundensatzes je Mitarbeiter und Aufwand ermittelt, müssen wir uns noch Gedanken machen, wie wir unsere Leistung anbieten wollen. Handelt es sich bei unserem Angebot, um einem Festpreisangebot, so sollten wir noch ein entsprechendes Risiko berücksichtigen.

Natürlich sind in unserer Aufwandsschätzung schon Aufwandsrisiken berücksichtigt jedoch nicht das unternehmerische Risiko. Das unternehmerische Risiko ist das Risiko, dass wir eingehen, wenn wir die Verantwortung für ein Gewerk übernehmen.

Aus unseren Erfahrungen bei verschiedenen Kunden und in unterschiedlichen Branchen, liegt das Risiko zwischen 3% und 10%. Teilweise wird dieses Risiko auch gegenüber dem Kunden offen kommuniziert.

Nun haben wir unseren Preis inkl. Risiko ermittelt, jetzt legen wir den Angebotspreis fest. Hier können noch einzelne Faktoren berücksichtigt werden, um den Angebotspreis individuell zu variieren. Ist das Projekt beispielsweise von strategischem Nutzen, kann es sinnvoll sein den Angebotspreis zu senken, um das eigene Angebot für den potenziellen Kunden interessanter zu machen.

Diese Preisanpassungen - egal in welche Richtung - sollten entsprechend dokumentiert werden, damit sie im weiteren Verlauf des Projekts nachvollziehbar bleibt.

Jetzt haben wir alle Informationen erstellt, die wir für ein gutes Angebot benötigen. Viel Spaß beim Planen und Kalkulieren.